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Kolumnen

Tag 99

Corona torpediert 2020. Mit Abstandhalten, Handdesinfektion und Maskenpflicht. Und beschert uns, findet Tom Nädler, unerwartet viel Zeit mit unseren Kindern.

Früher war „Corona“ mal ein schönes Wort. Es stand für ein leichtes mexikanisches Bier, das ich in südamerikanischen Cocktailbars sehr gern gegen den ersten Durst trank. Damit begann so manch fröhliche After-Work-Session. Heute ist Corona der Horror. Verdammtes, heimtückisches Virus.

Der Tag, an dem ich diesen Text schreibe, ist der 99. Tag, an dem wir alle zuhause sind. Theo, weil die Grundschule noch immer nicht im Normalbetrieb läuft. Tanja, weil sie aus dem Home-Office für ihre Firma Kurzarbeit in halb Europa organisiert. Und ich, weil unser Büro „dicht“ ist. Wegen Corona. Also, nicht wegen des Bieres. Der Einzige, der gerade die Zeit seines Lebens hat, ist Theo. Aufstehen um 6.00 Uhr? Nö. Pünktlich zum Treffpunkt der Rollergruppe, um in die Schule zu fahren? Gestrichen. Deutsch, Mathe und Sachunterricht? Zuhause. Denn während alle Eltern versuchen, ihre Jobs aus dem Arbeitszimmer oder vom Esstisch zu retten, hat Theo frei. Zumindest theoretisch, denn Woche für Woche kommt von der Schule ein fettes Paket an Arbeitsblättern, die wir zwischen diversen Video- und Telefonkonferenzen sowie Texten und Präsentationen versuchen mit ihm durchzuarbeiten. Zum Glück geht das Kind noch nicht aufs Gymnasium ... Trotzdem: für nicht ausgebildete Pädagogen alles andere als ein Geschenk. Über nicht vermittelten Stoff oder andere Defizite will ich gar nicht erst reden.

Jonglieren ist angesagt

Home-Office ist jetzt nämlich eigentlich Corona-Office. Was im Zuge von New Work mal dafür gedacht war, sich eine Zeit aus dem Bürobetrieb abzuseilen, um dann ungestört zuhause komplexe Themen zu bearbeiten, ist jetzt nichts anderes als das Jonglieren mit Frühstück, Hausaufgaben, Mittagessen, Lagerkoller, Streaming-Angeboten, Computerspielen und Kundenwünschen. Zumindest, wenn man mit Kids zusammenwohnt und den Anspruch hat, nicht nur seine Firma, sondern auch die Familie als „Laden“ gut am Laufen zu halten.

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