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Reportagen

Geklingelt beim Laufvisionär

Hannover Runners und parkrun: Wenn es ums Laufen geht, kommt Dirk Große nicht so schnell aus der Puste. Mindestens genauso wichtig ist ihm aber die Gemeinschaft. Der Urhannoveraner hat nicht nur ein Netzwerk von über 4000 Läufern aufgebaut, sondern in den späten Achtzigerjahren als VW-Mitarbeiter auch eine Opel-Zeitschrift auf den Markt gebracht. Ein Besuch bei Mr. PS, in vielerlei Hinsicht.

Zur Person: Dirk Große wurde 1962 in Hannover geboren und ist der Stadt bis heute aus Überzeugung treu geblieben. Nach einer Lehre zum Kfz-Mechaniker und einigen Jahren im Beruf ließ er sich 1992 zum Mediengestalter in einer hannoverschen Werbeagentur umschulen. Dort arbeitet er noch heute als Projektmanager. Gemeinsam mit seiner Frau lebt er seit 1999 in einer Wohnung in Vahrenheide. Die drei Söhne (27, 29 und 30 Jahre alt) haben Dirk Große bereits zum stolzen Opa von drei Enkeltöchtern gemacht, die ihn zusätzlich fit halten.

Ein rotes Mehrfamilienhaus ganz am Ende einer Sackgasse im hannoverschen Norden. Dass hier jemand wohnt, der sich dem Sport verschrieben hat, lässt sich schon im Treppenhaus erahnen: Es gibt keinen Aufzug, die Wohnung befindet sich im dritten Stockwerk. Oben angekommen, öffnet Dirk Große die Tür mit einem breiten Grinsen: „Hier bleibt man fit", sagt er bezogen auf die vielen Treppenstufen. In der hellen, frisch renovierten Wohnung lebt Große seit über 20 Jahren mit seiner Frau, die drei Söhne sind allesamt bereits ausgezogen.

Schon kurz nach dem Betreten wird deutlich: Hier ist ein Vollblutsportler zu Hause. Im Arbeitszimmer steht neben dem Schreibtisch ein Crosstrainer. Auch die Rolle für das Rennrad befindet sich hier vor einem großen Fernseher. „Im Winter baue ich mein Fahrrad auf und verabrede mich mit Freunden zu virtuellen Touren", erklärt Große, dem seine 59 Jahre dank der Fitness nicht anzusehen sind. „Unter 50 Kilometern geht bei diesen Touren übrigens nichts."

Opel-Magazin als VW-Mitarbeiter

Eine der ersten Ausgaben des Opel-GT-Journals.

Ausdauer, Biss und Beharrlichkeit sind die entscheidenden Stichworte. Und Gemeinschaft und Kreativität. Diese fünf Begriffe begleiten Dirk Große weite Teile seines Lebens. Er wuchs bei seinen Großeltern in einer spar+bau-Wohnung in der Bebelstraße in Ricklingen auf. Als er seine erste eigene Wohnung bezog, auch von spar+bau, befand diese sich in Ricklingen gleich um die Ecke, nur einen Steinwurf vom großelterlichen Heim entfernt. Die Anteile an der Wohnungsgenossenschaft besitzt er übrigens auch heute noch. „Die habe ich 1976 von meinem Opa geerbt", sagt Dirk Große und fügt an: „In welcher Schublade sich das dazugehörige Sparbuch befindet, weiß ich ganz genau, das ist quasi immer griffbereit."

Zu Beginn der 1980er-Jahre machte Dirk Große dann eine seiner Leidenschaften zum Beruf und wurde Kfz-Mechaniker. Und das führte Mitte des damaligen Jahrzehnts zu einer kuriosen Geschichte: Um 1985 herum wurde Dirk Große plötzlich bundesweit bekannt, zumindest indirekt: Im Anschluss an seine Ausbildung arbeitete er im Volkswagen-Werk in Stöcken. Trotzdem fuhr er keinen VW, sondern einen Opel GT. Gemeinsam mit Kumpel Albert Heinel, der war ebenfalls Opel-Besitzer, kam ihm deshalb die Idee, eine Zeitung für Opel-GT-Fahrer herauszubringen. VW wusste davon allerdings nichts.

„Die Sache war ein reines Hobby und zu Beginn habe ich das Heft noch selbst geklebt. Später haben wir dann an einem der ersten Macs produziert", so Große. Das Opel-GT-Journal kam bei den Lesern sehr gut an, war extrem beliebt und erschien bald in ganz Deutschland. Ende der 1980er folgte aber das Aus und trotzdem war das Magazin sozusagen der Grund für Dirk Großes Jobwechsel. „Ich bin dann 1992 als fünfter Mitarbeiter in eine Werbeagentur eingestiegen und habe bis 1994 eine Umschulung zum Mediengestalter absolviert", sagt Dirk Große, der der Agentur bis heute die Treue hält. „Früher habe ich ganz klassische grafische Sachen gemacht: Fotos entwickelt und bearbeitet, Broschüren gebaut, Zeitschriften layoutet. Heute bin ich verantwortlich für Onlinenewsletter und den Social-Media-Bereich."

Sportaffin und festivalbegeistert

Aber nicht nur Opel und Grafik haben es dem Wahl-Vahrenheider angetan, er besitzt auch noch mehr Leidenschaften. Eine davon: Konzerte und Festivals. „Mein erstes Konzert habe ich 1978 besucht und damals die Scorpions live gesehen. Von 2011 bis 2016 war ich jeweils beim Wacken Open Air, ab 2017 beim Rockharz Open Air", berichtet der Heavy-Metal-Fan.

Eine weitere Leidenschaft: Sport. Nach dem Aufstieg in die Fußball-Bundesliga 2002 entwickelte der ehemalige Squashspieler langsam aber sicher, das allerdings in passiver Hinsicht, eine Liebe zu Hannover 96 und sicherte sich ab der Saison 2004/2005 eine Dauerkarte in der Nordkurve. „Erst Sitzplatz, mittlerweile bin ich aber auf Stehplatz umgestiegen."

2007 wurde es dann aktiver und Große entdeckte das Laufen für sich. Das hatte vor allem einen Grund: „Damals sind die ersten Tracker auf den Markt gekommen. Und damit konnte ich dann endlich genau nachvollziehen, wie lange und schnell ich laufe", sagt er. Die Lage der eigenen Wohnung tat ihr Übriges: „Eilenriede, Mittellandkanal, Silber- und Märchensee sind für mich jeweils in ein paar Minuten zu erreichen. Perfekte Laufstrecken!"

Aus Facebook-Gruppe entwickelt sich Verein

Vier Jahre später rief er mit einem Freund dann die Facebook-Gruppe „Laufen in Hannover" ins Leben. „Zusammen laufen macht mehr Spaß als alleine", sagt Große zu seinen Beweggründen. Die Gruppe wurde schnell bekannt und die Mitglieder verabredeten sich zu gemeinsamen Joggingrunden. „Offiziell haben wir 2014 unseren ersten Sonntagslauftreff in der Eilenriede veranstaltet und uns damals um 11 Uhr mit 10, 15 Leuten am Lister Turm getroffen, um zehn Kilometer zu laufen. Es gab zwei Geschwindigkeitsgruppen, die den Rundkurs in jeweils entgegengesetzter Richtung absolviert haben, um sich zwischendurch kurz zu begegnen", berichtet Große.

Mit der Zeit hat sich sowohl online als auch offline einiges getan. Die Community bei Facebook umfasst heute mehr als 4000 Mitglieder. Und auch den Lauftreff am Sonntag in der Eilenriede gibt es immer noch, aber mit deutlich mehr Teilnehmern und einigen Geschwindigkeitsgruppen. 2016 gründeten Große und seine Mitstreiter den eingetragenen Verein Hannover Runners. Und 2017 überzeugten die Runners dann sogar den Gründer von parkrun aus England davon, dass Hannover mit dem Georgengarten einen geeigneten Standort für diese Laufserie böte.

„parkrun ist total niedrigschwellig. Es müssen fünf Kilometer absolviert werden und das kann auch im Spaziertempo geschehen. Die Zeit spielt keine Rolle und Letzter wird niemand, da immer einer unserer Helfer als Schlussbegleitung durchs Ziel kommt", so Große, der besonders stolz auf die große Zahl an Helfern aus den eigenen (Vereins-) Reihen ist: „Die Helferliste ist immer schon Wochen im Voraus voll. Das finde ich einfach klasse."

Die Hannover Runners halten sogar ohne fest verbauten, fixen Anlaufpunkt, dafür aber mit einer gemeinsamen Idee im Blick zusammen. „Wir haben nur eine Garage angemietet, um ein bisschen Material einzulagern, besitzen aber keine Immobilie und keinen Sportplatz. Beides brauchen wir auch nicht, da für uns nur das Laufen unter freiem Himmel wichtig ist und zählt", begründet Dirk Große den Antrieb und die Vision des Vereins. Zur Stärkung des Zusammenhalts trägt die gegenseitige Unterstützung bei Laufveranstaltungen bei. „Beim Hannover Marathon dürfen wir beispielsweise als festen Anlaufpunkt immer einen Pavillon auf dem Trammplatz aufbauen", so Große. Gemeinschaft eben und das nicht nur im sportlichen Sinne, sondern auch von Mensch zu Mensch.

Hannover Runners: Eine echte Erfolgsgeschichte

Engagiert: Beim Sonntagslauftreff der Hannover Runners ist immer viel los.

Laufen in Gemeinschaft, darum geht es im Kern bei den Hannover Runners. Der Verein wurde 2016 gegründet und veranstaltet wöchentliche Lauftreffs: sonntags in der Eilenriede, montags im Deister, dienstags und mittwochs am Maschsee, samstags parkrun im Georgengarten, das übrigens in unterschiedlichen Geschwindigkeitsgruppen. „Bei uns gibt es für jeden das passende Tempo. Und alle sind herzlich willkommen, auch ohne Vereinsmitglied zu sein", sagt der Vorsitzende Dirk Große. Selbst während Corona hielt die Gemeinschaft fest zusammen und richtete wöchentliche, virtuelle Lauf-Challenges aus.

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